Wer ist berechtigt eine Rechnung auszustellen?
Teil V der Reihe „Rechnung & Vorsteuer„
WER ist Rechnungsersteller?
Der Aussteller einer Rechnung muss in jedem Fall UNTERNEHMER sein. Dies ergibt sich aus den Regelungen über die Rechnungstellung und den Vorsteuerabzug, die sich im Umsatzsteuergesetz (UStG) befinden.
Hiernach ist Unternehmer (§ 2 Abs. 1 UStG), WER eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Dies können sowohl natürliche als auch juristische Personen sowie Personenzusammenschlüsse sein. Unternehmer ist folglich jedes selbständig tätige Wirtschaftsgebilde, das nachhaltig Leistungen gegen Entgelt ausführt [1].
In der neuen E-Rechnungsverordnung (E-ReVO) [2] findet sich in § 2 folgende Definition für „Rechnung“. Hier wird außerdem auf die Legaldefinition „Unternehmer“ des § 14 Abs. 1 BGB sowohl für den Rechnungsaussteller wie für den Rechnungsempfänger verwiesen:
Begriffsbestimmungen nach E-Rechnungs-Verordnung (E-RechVO)
(1) Eine Rechnung ist jedes Dokument, mit dem eine Lieferung oder eine sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird.
(2) Eine elektronische Rechnung ist jedes Dokument im Sinne von Absatz 1, wenn
- es in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und
- das Format die automatische und elektronische Verarbeitung des Dokuments ermöglicht.
(3) Rechnungssteller sind alle Unternehmer im Sinne von § 14 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die eine Rechnung an Rechnungsempfänger im Sinne von Absatz 4 ausstellen und übermitteln.
(4) Rechnungsempfänger sind alle Stellen im Sinne von § 159 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, soweit diese Rechtsverordnung keine abweichenden Bestimmungen enthält.
(5) Rechnungssender sind alle Unternehmer im Sinne von § 14 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die eine elektronische Rechnung im Auftrag des Rechnungsstellers ausstellen und übermitteln.
(6) Subzentrale öffentliche Auftraggeber sind alle öffentlichen Auftraggeber, die keine obersten Bundesbehörden oder Verfassungsorgane des Bundes sind.
Umfang des Unternehmens
Das UNTERNEHMEN umfasst hierbei die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
Der Begriff der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Sinne des UStG geht über den Begriff des Gewerbebetriebes nach dem EStG und dem GewStG hinaus [3]. Eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit setzt voraus, dass Leistungen im wirtschaftlichen Sinn ausgeführt werden. Betätigungen, die sich nur als Leistungen im Rechtssinn, nicht aber zugleich auch als Leistungen im wirtschaftlichen Sinne darstellen, werden von der Umsatzsteuer nicht erfasst. Leistungen, bei denen ein über die reine Entgeltentrichtung hinausgehendes eigenes wirtschaftliches Interesse des Entrichtenden nicht verfolgt wird, sind zwar Leistungen im Rechtssinn, aber keine Leistungen im wirtschaftlichen Sinn [4].
Keine Liebhaberei in der Umsatzsteuer
Während die Absicht, Gewinn zu erzielen, unabdingbare Voraussetzung für die Annahme einer ertragsteuerlichen Einkunftsart ist – und ggfs. die Anerkennung von Verlusten darstellt, ist diese Gewinnerzielungsabsicht im Umsatzsteuerrecht völlig unerheblich: Wer Unternehmer ist, hat seine umsatzsteuerlichen Pflichten zu kennen und zu erfüllen; dies gilt insbesondere auch für Vereine, die Veranstaltungen durchführen und hierfür Eintritt nehmen, oder für Privatpersonen, die regelmäßig auf elektronischen Marktplätzen Handel treiben.
Abgrenzung der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit
Nichtunternehmerische Tätigkeit
Von der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit sind die nichtunternehmerischen Tätigkeiten zu unterscheiden. Diese Tätigkeiten umfassen die nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im engeren Sinne (nicht wirtschaftliche Tätigkeiten i.e.S.) und die unternehmensfremden Tätigkeiten. Als unternehmensfremde Tätigkeiten gelten Entnahmen für den privaten Bedarf des Unternehmers als natürliche Person, für den privaten Bedarf seines Personals oder für private Zwecke des Gesellschafters [5].
Nicht selbständige Tätigkeit
Von der Unternehmereigenschaft abzugrenzen ist außerdem die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit, die nicht selbständig ausgeübt wird (§ 2 Abs. 2 UStG). Eine selbständige Tätigkeit liegt vor, wenn sie auf eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung ausgeübt wird.
Ob Selbständigkeit oder Unselbständigkeit anzunehmen ist, richtet sich grundsätzlich nach dem Innenverhältnis zum Auftraggeber. Aus dem Außenverhältnis zur Kundschaft lassen sich im Allgemeinen nur Beweisanzeichen herleiten [6]. Dabei kommt es nicht allein auf die vertragliche Bezeichnung, die Art der Tätigkeit oder die Form der Entlohnung an. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse. Es müssen die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Umstände gegeneinander abgewogen werden; die gewichtigeren Merkmale sind dann für die Gesamtbeurteilung maßgebend [7].
Eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ist nicht selbständig, wenn sie von einer Person oder zusammengeschlossenen Personen ausgeübt wird, die einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind.
Organschaft
Auch eine Organschaft kann nicht Unternehmer im Sinne des Gesetzes sein. Dies ist dann der Fall, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln.
Hat der Organträger seine Geschäftsleitung allerdings im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.
Erwerben, Halten und Veräußern von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen
Auch das bloße Erwerben, Halten und Veräußern von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen ist keine unternehmerische Tätigkeit [8]. Wer sich an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft beteiligt, übt zwar eine „Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen” aus. Gleichwohl ist er im Regelfall nicht Unternehmer im Sinne des UStG, weil Dividenden und andere Gewinnbeteiligungen aus Gesellschaftsverhältnissen nicht als umsatzsteuerrechtliches Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs anzusehen sind [9].
Zurechnung der Leistung
Wem eine LEISTUNG als Unternehmer zuzurechnen ist, richtet sich danach, wer dem Leistungsempfänger gegenüber als Schuldner der Leistung auftritt. Dies ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen.
Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen (§§ 3 bis 3g UStG) im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt.
Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist. Somit ist ein sog. Strohmann, der im eigenen Namen Gegenstände verkauft und dem Abnehmer die Verfügungsmacht einräumt, umsatzsteuerrechtlich Leistender [10].
Exkurs: Schein- oder Strohmanngeschäfte
Bei Schein- oder Strohmanngeschäften können die Leistungen jedoch auch einer anderen als der nach außen auftretenden Person (Strohmann) zuzurechnen sein [11]. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn das Rechtsgeschäft zwischen dem Leistungsempfänger und dem Strohmann nur zum Schein abgeschlossen worden ist und der Leistungsempfänger wusste oder davon ausgehen musste, dass der als Leistender Auftretende (Strohmann) keine eigene Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft eingehen und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern wollte [12].
Exkurs: Auch ein Kleinunternehmer ist Unternehmer
Auch wenn nach § 19 Abs. 1 UStG die Steuer, die Kleinunternehmer für seine steuerpflichtigen Umsätze schuldet, unter bestimmten Voraussetzungen nicht zu erheben ist, ist dieser Unternehmer im Sinne des Gesetzes und hat die Regelungen zu beachten.
Für WEN ist die Rechnung von Belang?
Aus umsatzsteuerlicher Sicht ist die Rechnung für den Leistungsempfänger relevant, weil er nur bei Vorlage der Original-Rechnung vorsteuerabzugsberechtigt ist (§ 15f UStG). Außerdem ist er im sog. Reverse-Charge-Verfahren (§ 13b UStG – Wechsel der Steuerschuldnerschaft) Schuldner der Umsatzsteuer. Er sollte in jedem Fall aus ureigenem Interesse auf den Erhalt einer ordnungsgemäßen Rechnung bestehen.
Nach § 2 Abs. 4 E-RechVO sind Rechnungsempfänger alle Stellen im Sinne von § 159 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, soweit diese Rechtsverordnung keine abweichenden Bestimmungen enthält.
Auch dieser Beitrag gehört zur Reihe Rechnung & Vorsteuerabzug:
- Teil I: Welche hat die Bedeutung die Rechnung für den Vorsteuerabzug?
- Teil II: Pflichtangaben einer Rechnung.
- Teil III: Besonderheiten bei der Ausstellung von Rechnungen.
- Teil IV: Handwerker-Rechnungen – Was muss drinstehen?
- Teil V: Wer ist berechtigt eine Rechnung auszustellen?
[1] Vgl. BFH-Urteil vom 4.7.1956, V 56/55 U, BStBl. III S. 275 [2] Vgl. § 2 E-Rechnungs-Verordnung (E-Rech-VO) v. 13.10.2017, BGBl. I S. 3555 (Nr. 68), gültig ab 27.11.2018 [3] Vgl. BFH-Urteil vom 5.9.1963, V 117/60 U, BStBl. III S. 520 [4] vgl. BFH-Urteil vom 31.7.1969, V 94/65, BStBl. II S. 637 [5] vgl. BFH-Urteile vom 3.3.2011, V R 23/10, BStBl. 2012 II S. 74 und vom 12.1.2011, XI R 9/08, BStBl. 2012 II S. 58 [6] vgl. BFH-Urteil vom 6.12.1956, V 137/55 U, BStBl. 1957 III S. 42 [7] vgl. BFH-Urteile vom 24.11.1961, VI 208/61 U, BStBl. 1962 III S. 125, und vom 30.5.1996, V R 2/95, BStBl. II S. 493 [8] vgl. EuGH-Urteile vom 14.11.2000, C-142/99, Floridienne und Berginvest, vom 27.9.2001, C-16/00, Cibo Participations, und vom 29.4.2004, C-77/01, EDM [9] vgl. EuGH-Urteil vom 21.10.2004, C-8/03, BBL [10] vgl. BFH-Urteil vom 28.1.1999, V R 4/98, BStBl. II S. 628, und BFH-Beschluss vom 31.1.2002, V B 108/01, BStBl. 2004 II S. 622 [11] Zur Änderung der Rechtsprechung vgl. aber BFH vom 10.11.2010 XI R 15/09, BFH/NV 2011, 867 [12] Vgl. BFH-Beschluss vom 31.1.2002, V B 108/01, a.a.O.; zur Frage des Vorsteuerabzugs aus Rechnungen über Strohmanngeschäfte vgl. USTAE Abschnitt 15.2a Abs. 2