Die Lohnsteuer-Anrufungsauskunft

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Im Jahr 2009 und 2010 hatte der BFH unter Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass die Erteilung und die Aufhebung, die Rücknahme und der Widerruf einer Lohnsteuer-Anrufungsauskunft nach § 42e Einkommensteuergesetz (EStG) nicht nur Wissenserklärungen (unverbindliche Rechtsauskünfte) des Betriebsstättenfinanzamts darstellten. Er machte deutlich, dass die Lohnsteuer-Anrufungsauskunft die Rechtsnatur feststellender Verwaltungsakte hätten: Erstens seien sie verbindlich und zweitens hätten sie eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen. Mit Schreiben vom 18.11.2011 (BStBl. I S. 213) hatte das Bundesministerium für Finanzen (BMF) auf diese beiden Urteile reagiert.

Das neue Schreiben des BMF vom 12.12.2017 (BStBl 2017 I S. 1656) ersetzt nun dieses ältere Schreiben durch eine umfangreichere Version und geht damit auf in der zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung ein.

Quelle: BMF v. 12.12.20.17 zur Anrufungsauskunft-nach-Par-42e-EStG

Lohnsteuerabzug

Der Lohnsteuerabzug nach §§ 38ff EStG beschreibt keine eigene Steuerart „Lohnsteuer“, sondern beschreibt eine andere Erhebungsform für Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer. Diese entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres und entfällt auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG.

Lohnsteuer „entsteht“ mit Zufluss

Die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt. Es handelt sich jedoch um die Regelung des Entstehungszeitpunktes der auf den Arbeitslohn entfallenden Vorauszahlungsschuld. Erst mit Ablauf des Kalenderjahres entsteht die Jahreseinkommensteuerschuld des Arbeitnehmers (§ 36 EStG). Von der Entstehung ist die Abführung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber zu unterscheiden (§ 41a EStG).

Richtiger Lohnsteuerabzug – Arbeitgeberpflicht!

Der Arbeitgeber ist gesetzlich sowohl dem Finanzamt gegenüber als auch dem Arbeitnehmer gegenüber zum richtigen Lohnsteuerabzug nach §§ 38ff EStG verpflichtet. Daraus folgt, dass er die Höhe des Jahresarbeitslohnes als Bemessungsgrundlage für den Lohnsteuerabzug zu ermitteln und die Lohnsteuer zu berechnen hat (§ 38a Abs. 2 bis 4 EStG).

Quelle: vgl. Krüger in Schmidt Einkommensteuerkommentar, Beck Verlag 37. Auflage 2018, zu § 38ff


Wer ist berechtigt, einen Antrag auf Lohnsteueranrufungsauskunft zu stellen?

Mögliche Antragsteller einer Anrufungsauskunft sind der Arbeitgeber, der die Pflichten des Arbeitgebers erfüllende Dritte und der Arbeitnehmer. Eine Anrufungsauskunft können auch Personen beantragen, die nach Vorschriften außerhalb des EStG für Lohnsteuer haften, z. B. gesetzliche Vertreter, Vermögensverwalter und Verfügungsberechtigte i. S. d. §§ 34 und 35 Abgabenordnung (AO).

Adressat für den Antrag auf Lohnsteuer-Anrufungsauskunft

Für die Erteilung einer Anrufungsauskunft ist das Betriebsstättenfinanzamt zuständig. Das neue Schreiben regelt nun aber nicht nur die Zuständigkeit in Fällen, in denen ein Arbeitgeber mehrere Betriebsstätten hat, er in einem Konzern eingebunden ist oder er mit Dritten zusammen arbeitet, sondern er verpflichtet auch die zuständigen Finanzämter die eigene Auskunft mit den anderen Betriebsstättenfinanzämtern abstimmen. Voraussetzung hierfür ist, dass es sich um einen Fall von einigem Gewicht handelt und die Auskunft auch für die anderen Betriebsstätten von Bedeutung ist. Bei Anrufungsauskünften grundsätzlicher Art hat das zuständige Finanzamt die übrigen betroffenen Finanzämter zu informieren.

Wichtig: Dieses Vorgehen dient in jedem Fall der Vereinfachung der Abrechnungspraxis. Jeder Arbeitgeber sollte die Lohnsteuer-Anrufungsauskunft nutzen, die Abläufe und internen Lohnsteuerrichtlinien zu hinterfragen und rechtsicher zu gestalten.

Inhalt, Form und Kosten einer Lohnsteuer Anrufungsauskunft

Die Anrufungsauskunft ist nach wie vor gebührenfrei. Im Auskunftsantrag sind konkrete Rechtsfragen darzulegen, die für den Einzelfall von Bedeutung sind. Für den Antrag nach § 42e EStG ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Das Betriebsstättenfinanzamt soll die Lohnsteuer-Anrufungsauskunft unter ausdrücklichem Hinweis auf diese Vorschrift schriftlich erteilen. Dies gilt auch, wenn der Beteiligte die Auskunft nur formlos erbeten hat. Wird eine Anrufungsauskunft abgelehnt oder abweichend vom Antrag erteilt, hat die Auskunft oder die Ablehnung der Erteilung in jedem Fall schriftlich zu erfolgen. Das Betriebsstättenfinanzamt kann die Auskunft befristen.

Tipp: Mit unserem Angebot Smart-Gutachten bieten wir jedem Arbeitgeber eine wertvolle Unterstützung bei der Formulierung einer konkreten Rechtsfrage an: Wir hinterfragen den konkreten Lebenssachverhalt, den Sie für Ihre Arbeitnehmer für die Zukunft geklärt wissen möchten, prüfen die Gesetzeslage und Rechtsprechung und formulieren die Rechtsfrage, die Sie gegenüber Ihrem Betriebsstättenfinanzamt stellen wollen. Im Falle einer Befristung sollten diese unbedingt Beachtung finden, weil mit Ablauf der Frist die Rechtsverbindlichkeit der Auskunft entfällt.