Das FÜR und GEGEN einer digitalen Ablage

Nichts ist unbeliebter als Ablage und keine Tätigkeit wird weniger unterschätzt als diese. Mangelnde Ordnung und fehlende Strukturiertheit kosten aber nicht nur Zeit und Mühe, Unordnung kann richtig existenzgefährdend für dich sein. Dann nämlich, wenn deine Ablage nicht funktionsfähig ist und du wichtige Dokumente nicht mehr wiederfindest.

Im Folgenden beschreibe ich, was FÜR und was GEGEN eine digitale Ablage spricht und wann eine papierlose Ablage für dich Sinn macht. Dieser Beitrag ist der erste einer Mini-Serie zum Thema Ablage und Dokumentenmanagement. In dieser zeige ich, auf welche sieben Kriterien es beim Umstieg auf eine papierlose Ablage ankommt, welche Vor- und Nachteile eine papierlose Ablage hat und wie deine Ablage mühelos und wann digital gelingt. 

Verantwortung für Deine Ablage

Niemand anderes als DU ist für deine Ablage verantwortlich. Du kannst die Arbeit delegieren, Du kannst dich digital oder herkömmlich organisieren, du kannst ein Softwaretool auswählen oder einen Papp-Ordner bestücken, du kannst deine Ablage in die Cloud verlagern oder in deinem Schlafzimmerschrank verstauen – es ändert alles nichts daran:

DU trägst die alleinige Verantwortung für DEINE Ablage.

Wie hast du dich bisher organisiert?

Überlege dir einmal, was du tust, wenn du auf dem Weg zur Arbeit in einen Unfall verwickelt bist und diesen Schaden Deiner Versicherung anzeigen willst.

  • Wenn du noch nicht digital organisiert bist, fährst du nach Hause und suchst den Ordner mit deinen Versicherungen. Anschließend blätterst du zum Register „Auto-Versicherung“ und suchst die Lasche, in der du die aktuelle Beitragsrechnung hoffentlich abgelegt hattest. Außerdem suchst du hinter einer weiteren Lasche nach der Police, um nachzulesen, wie du versichert bist und was du nun als nächsten Schritt erledigen und wen du kontaktieren musst. Danach telefonierst du mit dem Ansageband oder Telefonbot oder formulierst sofort ein schriftliches Anschreiben, machst hiervon eine Kopie und schickst die Kopie vom Unfallbericht per Post an die Versicherung.
  • Wenn du alles bereits digital abgelegt hast, kannst du direkt am Unfallort auf alle wichtigen Informationen zugreifen, den Unfallbericht der Polizei sofort abfotografieren, richtig ablegen und vielleicht an dieser Stelle schon den Unfallmeldebogen der Versicherung online ausfüllen.

Oder denke darüber nach, was passiert, wenn du dich für eine Fortbildung anmelden möchtest und die Zugangsvoraussetzungen nachweisen sollst?

  • Wenn du noch nicht digital organisiert bist, suchst du deinen Ordner mit den Zeugnissen oder Zertifikaten. Dann blätterst du zum Register „Fortbildung“ und suchst die richtige Lasche, in der du das gesuchte Dokument abgelegt hattest. Oder du suchst es in deiner Schublade oder im Karton mit der Aufschrift „Steuerberater“ oder hattest du es vielleicht doch woanders abgelegt?
  • Wenn du bereits digital organisiert bist, kannst du das Zeugnis dank der Suchfunktion online wiederfinden und als Kopie deiner Anmeldung hinzufügen.

Zwischenfazit

Es liegt auf der Hand, dass eine Papierablage aufwendiger ist. Sie benötigt mehr Zeit für’s Suchen und Finden und verursacht mehr Kosten für Ordner, Register, Laschen und Lagerung der Akten als dies wohl bei einer digitalen Ablage der Fall sein dürfte.

Außerdem ist nicht gesagt, dass sich ein Dritter in deiner Ordner-Struktur auf Anhieb zurechtfindet. Wenn dir etwas passiert und du einen Freund bitten müsstest, etwas für dich zu erledigen, wird es unter Umständen auch schwierig, ihm aus der Ferne den genauen Ablageort eines bestimmten Dokumentes zu beschreiben.

Und in keinem Fall sind deine Dokumente und Unterlagen in einer Papierablage vor unberechtigter Einsichtnahme, Diebstahl oder Verlust durch unvorhergesehene Ereignisse wie Wassereinbruch oder Brandschäden geschützt.

Natürlich verursacht auch eine digitale Ablage Zeit für das u.U. erforderliche Einscannen, das ordentliche Ablegen und eine aussagefähige Beschriftung deiner Belege und Dateien. Auch verursacht die Nutzung bzw. Lizensierung eines Programms, das nicht nur die Archivierung deiner Daten, sondern auch ausreichend Datenschutz und Datensicherheit gewährt, Kosten.

Mich begeistert die digitale, platzsparende Ablage vor allem durch einen kontinuierlichen, schnellen Zugriff aller Dokumente zu jeder Zeit und überall. Mit durchsuchbaren PDF-Dateien lassen sich Dokumente definitiv schneller finden als durch Blättern in vielen Ordnern.

Dokumente können bei ausreichend Speicherplatz ewig aufgehoben werden, ohne dass sie wertvollen Platz in Ordnern wegnehmen, der Blick auf Aufbewahrungstabellen wird dadurch erst mal zweitrangig.

Die Zukunft der öffentlichen Verwaltung ist digital

Dass die Zukunft in Richtung digitalem Dokumentenaustausch geht, beweisen mittlerweile sogar Behörden: So ist das E-Government-Gesetz [1] in Deutschland bereits am 25. Juli 2013 erlassen worden und trat überwiegend am 1. August 2013 in Kraft. Das E-Government-Gesetz verpflichtet die Verwaltung unter anderem dazu, einen elektronischen Zugang für Kommunikation und den papierlosen Beleg- und Aktenaustausch zu eröffnen.

Die Landesregierung NRW verfolgt mit dem im März 2020 verabschiedeten neuen E-Government-Gesetz [2] das Ziel, die Digitalisierung der Verwaltung voranzutreiben, den Geltungsbereich des E-Government-Gesetzes auf Schulen, Hochschulen und nahezu alle Landesbehörden auszuweiten und Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen vielfältige Verwaltungsdaten zugänglich zu machen (Open Data).

„Nordrhein-Westfalen macht Tempo bei der Digitalisierung der Landesverwaltung, damit wir den Bürgerinnen und Bürgern wie den Unternehmen schnellen und bequemen Service vom Sofa aus anbieten können. Wir ziehen die komplette Digitalisierung von 2031 auf 2025 vor und beziehen Hochschulen und nahezu alle Landesbehörden ein.“

Wirtschafts- und Digitalminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart, März 2020 [2]

Die Digitalisierung wird seiner Ansicht nach zu einem grundlegenden Kulturwandel und Change-Prozess in der öffentlichen Verwaltung führen, der die Arbeitsorganisation in erheblichem Maße beeinflussen wird.

„Die Verwaltung in Nordrhein-Westfalen steht vor ihrer größten Reform der vergangenen 40 Jahre“, sagte Minister Pinkwart.

Wirtschafts- und Digitalminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart, März 2020 [2]

Übersicht der praktischen digitalen Anwendungen in der öffentlichen Verwaltung

  • Digitales Bürgerbüro: Die Modellkommunen Aachen, Gelsenkirchen, Paderborn, Soest und Wuppertal bauen servicefreundliche digitale Bürgerbüros auf und stellen ihre Lösungen den anderen Städten und Gemeinden kostenlos zur Verfügung. Services: Anmeldung zum Offenen Ganztag, zu Schule und Kita, sowie Abfallentsorgung, Erhebung der Hundesteuer, etc.
  • Identitätsnachweise: Gelsenkirchen vereinfacht die Nutzung digitaler Dienste weiter. Über ihr Servicekonto.NRW können Bürger sich über eine App mit der elektronischen ID des Personalausweises authentisieren. Das Verfahren wird nun durch Identitätsnachweise über Fingerabdruck/ Kameraerkennung ergänzt.
  • Schulen/Hochschulen: Die Digitalisierung ermöglicht die elektronische Zeugniserstellung. NRW will diese Zeugnisse mithilfe der Blockchain-Technologie fälschungssicherer zu machen.
  • Bafög: Nordrhein-Westfalen sammelt bereits erste Erfahrungen mit dem elektronischen Antragsverfahren. Dieses wird nun basierend auf den im Rahmen des Onlinezugangs-Gesetzes entwickelten Musterprozessen nutzerfreundlicher neugestaltet.
  • Wohngeld: In länderübergreifenden Digitalisierungslaboren entwickeln Rechts-, IT- und Organisationsexperten Blaupausen zur Digitalisierung von Verwaltungsdiensten. Beispiel ist die im zweiten Halbjahr geplante Pilotierung von digitalen Wohngeld-Anträgen.
  • Gründungen: Wer sein Gewerbe online an-, um- und abmelden und dafür elektronisch zahlen möchte, kann das Gewerbe-Service-Portal.NRW nutzen. Ab Sommer 2020 wird das Angebot zum Wirtschafts-Service-Portal.NRW erweitert. Weitere Services: Eintragung Handwerksrolle, Erlaubnisverfahren für Immobilienmakler und Bauträger, Fragebogen zur steuerlichen Erfassung, Betriebsnummern-Antrag bei Bundesagentur für Arbeit.
  • Services anderer Bundesländer: Ab 2021 können Bürgerinnen und Bürger mit dem Servicekonto.NRW alle digitalen Services von Bundes-, Landes- und kommunalen Behörden nutzen. Beispiel: Der Angelurlauber aus NRW kann über das Servicekonto.NRW in Bayern einen Fischereierlaubnisschein beantragen.
  • Europaweite Nutzung: Ende 2020 werden alle Online-Portale von Bund, Ländern und Kommunen zum Portalverbund gebündelt, der an das europäische Online-Gateway angeschlossen wird. So können ausländische Unternehmen und Fachkräfte digitale Angebote der Verwaltungen aus europäischen Ländern nutzen.
  • Digitalministerium: Hier ist die elektronische Verwaltungsarbeit bereits Realität: Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Laptops und Mobiltelefone und können an einem Ort ihrer Wahl mobil arbeiten. Im Übergangsjahr 2019 sank der Papier- und Tonerverbrauch bereits um rund ein Drittel.

Um sich also die zunehmend digitalen Kommunikationswege zu Nutze zu machen, empfiehlt sich also auch die Digitalisierung, Aufbewahrung und Verwaltung deiner privaten und geschäftlichen Unterlagen.

Was spricht nun für und was gegen eine digitale Ablage? Im nächsten Abschnitt habe ich dir das Für und Wider aufgeführt, um dich bei deiner Unterscheidung zu unterstützen:

PRO – Was spricht FÜR eine digitale Ablage?

  • Es wird weniger Material verbraucht – gut für die Umwelt
  • Daten und Dokumente sind jederzeit verfügbar – schafft Freiheit
  • Weniger Verbrauchsmaterial, keine Lagerhaltung – reduziert vermeidbare Kosten
  • Daten und Dokumente können ortsunabhängig bearbeitet werden – verbessert den Zugriff, aber auch die Zusammenarbeit mit anderen
  • Rechte an Daten und Dokumenten können erteilt, geteilt und wieder entzogen werden – geistigen Eigentums wird geschützt
  • In Deutschland achten seriöse Anbieter sehr auf die Einhaltung von Datenschutz und Datensicherheit – deine Daten und deine Persönlichkeit werden respektiert

CONTRA – Was spricht GEGEN eine digitale Ablage?

  • Am Anfang wirst du viel Zeit für die Einrichtung einer veränderten Organisation und den Aufbau einer digitalen Ablagestruktur benötigen, denn es macht sicher wenig Sinn, die alte Organisation und Papier-Ablage nur 1:1 digital abzubilden
  • Bereits existente Dokumente auf Papier müssen „nach-digitalisiert“ werden. Dafür solltest du dir einen vernünftigen Dokumentenscanner anschaffen, den du einfach und intuitiv bedienen kannst
  • Wichtig Dokumente (so genannte Evergreen-Dokumente [3]), die im Original auch weiterhin nötig sind, sollten digital UND in Papierform abgelegt werden. Hierzu zählen die sogenannten Personenstandsdokumente wie z.B. Geburts-, Heirats- oder Sterbeurkunde und persönliche Dokumente wie z.B. Personalausweis, Führerschein oder auch Schul- und Ausbildungszeugnisse.
  • Darüber hinaus solltest du auch andere Unterlagen, die als Nachweis einer Qualifikation, Sachkunde oder Berechtigung benötigt werden, digital UND in Papierform ablegen. Es handelt sich um so genannte Semi-Evergreen-Dokumente, die du so lange aufheben solltest, wie es erforderlich ist. Gleiches gilt für Dokumente und Unterlagen, die dem Nachweis einer Rechtsposition, der Durchsetzung rechtlicher Ansprüche oder der Abwehr fremder Ansprüche dienen. Hierzu zähle ich vor allem notarielle Urkunden für die Übertragung von Grundstücken und Gesellschaftsanteilen, aber auch manche Verträge, Steuer-, Bank- und Versicherungsunterlagen.

Fazit

Die Vorteile einer digitalen Ablage überwiegen. Trotzdem müssen einige wichtige Dokumente – die so genannten EVERGREEN-Dokumente [3] – zusätzlich im Original aufbewahrt werden.

Nun, ich denke, du siehst selbst, dass die Vorteile einer digitalen Ablage deren Nachteile überwiegen. Wie geht’s nun weiter?

Im nächsten Beitrag erkläre ich Dir, welche sieben Kriterien eine gute Ablage ausmachen.


[1] E-Government-Gesetz (Deutschland) – Wikipedia [25.03.2022] => NEGZ – Das Nationale E-Government Kompetenzzentrum für Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft für Innovation, Modernisierung und Transformation von Bund Ländern und Kommunen in Deutschland.

[2] https://www.land.nrw/pressemitteilung/kabinett-verabschiedet-neues-e-government-gesetz [März 2020] [3] Evergreen, also „immer grün“, meint etwas Wiederkehrendes, was sozusagen kein Verfallsdatum trägt. In unserem Zusammenhang sind damit alle Unterlagen, Dokumente und Urkunden gemeint, aus denen sich die Existenz bzw. Identität einer Person oder die Begründung oder das Erlöschen eines Rechtsanspruches ableiten lassen. Daher ist es von besonderer Bedeutung, dass du diese Dokumente zu jedem Zeitpunkt im Original – also unverändert und gut lesbar – vorlegen kannst.