Welche Bedeutung hat die Rechnung für den Vorsteuerabzug?

Teil I der Reihe „Rechnung & Vorsteuerabzug“

veröffentlicht am 06.10.2022, überarbeitet am 23.01.2023

Eine Rechnung, die du deinem Kunden stellst, ist nicht nur für deine Unterlagen wichtig, sondern sie ermöglicht auch deinem Kunden den Vorsteuerabzug. Voraussetzung hierfür ist eine Rechnung, die alle Pflichtangaben erhält. Denn dein Kunde kann die ihm von dir in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer nur dann abziehen, wenn bestimmte inhaltliche und formale Voraussetzungen erfüllt sind.

Umsatzsteuer als Verkehrssteuer

Die Umsatzsteuer ist als Verkehrssteuer so ausgestaltet, dass der Endverbraucher am Ende nur die Umsatzsteuer bezahlt, die auf den WERT des in Verkehr gebrachten Produktes entfällt. Auf den jeweiligen Stufen der Wertschöpfungskette wird immer nur der “MEHR-Wert” pro Produktionsstufe besteuert. Dieser Mehrwert soll nicht durch die zuvor in der Eingangsrechnung ausgewiesene Umsatzsteuer aufgebläht werden. Damit dies gelingt, darf jeder Unternehmer die ihm von seinem Lieferanten in der Eingangs-Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.

Rechnung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug

Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass eine Lieferung und sonstige Leistung von einem Unternehmer an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht wurde und eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt.

  • Der Vorsteuerabzug ist dann in dem jeweiligen Voranmeldungszeitraum (Monat oder Quartal) möglich, in dem die Rechnung vorliegt.
  • Der Vorsteuerabzug ist außerdem möglich, wenn der Unternehmer vor Leistungserbringung aufgrund einer ordnungsgemäßen Rechnung eine Anzahlung leistet.

Lieferung und sonstige Leistungen

Nach § 1 UStG unterliegen der Umsatzbesteuerung alle Lieferung und sonstige Leistung (§ 3 UStG), die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Leistung, als Oberbegriff für Lieferungen und sonstige Leistungen, kann alles das sein, was zum Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs gemacht werden kann. Dabei ist allein die tatsächliche Realisierung der Leistung – das Erfüllungsgeschäft – für die Umsatzbesteuerung maßgeblich. Ob der Leistung eine schuldrechtliche Verpflichtung zu Grunde liegt, ist unerheblich. Der Umsatzbesteuerung unterliegen auch Leistungen, die unsittlich, verboten oder strafbar sind. Keine Leistung im umsatzsteuerlichen Sinne ist die Hingabe von Zahlungsmitteln zur Erfüllung einer Verpflichtung. 

Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

Unternehmer

Steuersubjekt im umsatzsteuerlichen Sinne ist der Unternehmer. Er ist grundsätzlich Schuldner der Umsatzsteuer, zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Steuererklärungen verpflichtet und zum Vorsteuerabzug berechtigt. Unternehmer i. S. des § 2 Abs. 1 UStG ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.

Gewerblich oder beruflich ist dabei jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, unabhängig davon, ob eine Gewinnerzielungsabsicht besteht. Damit ist jedes Wirtschaftsgebilde, das nachhaltig Leistungen gegen Entgelt erbringt, Unternehmer i. S. des Umsatzsteuergesetzes.

Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, RL 2006/112/EG Art. 9 i. d. F. 17.12.2013, verwendet anstelle des Begriffs „Unternehmer” die Bezeichnung „Steuerpflichtiger”.

Unternehmen

Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit des Unternehmens. In den Rahmen des Unternehmens fallen nicht nur die Grundgeschäfte, die den eigentlichen Gegenstand des Unternehmens bilden, sondern auch die Hilfsgeschäfte. Hinweis: Auch Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften, Vereine, Stiftungen oder Genossenschaften können einen nichtunternehmerischen Bereich besitzen.

Rechnung

Ist die Rechnung nicht ordnungsgemäß, weil bestimmte Pflichtangaben fehlen oder unzutreffend sind, ist der Vorsteuerabzug gefährdet, wenn keine Rechnungskorrektur vorgenommen wird. Eine Rechnungsberichtigung ist bei unrichtigem oder unberechtigtem Steuerausweis unerläßlich.

Finanzamt hat die Möglichkeit zur Überprüfung

Die Finanzämter haben die Möglichkeit, im Rahmen einer Kassen-Nachschau, einer Sonderprüfung oder in einer Außenprüfung zu prüfen, ob die Rechnungen alle Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllen.

Ist dies nicht der Fall, droht eine Rückforderung der geltend gemachten Vorsteuer durch das Finanzamt sowie eine Verzinsung der Steuernachzahlung von 6 % pro Jahr.

Sollte ein Anfangsverdacht auf Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung bestehen, wird die Steuerstraf- und Bußgeldstelle informiert.

Begriff und Form der Rechnung

Begriff der Rechnung

Jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 UStG eine Rechnung. Es kommt also nicht darauf an, ob dieses Dokument als Rechnung bezeichnet wird. Auch ein Vertrag kann eine Rechnung darstellen, wenn er die erforderlichen Angaben enthält. Fehlen in dem Vertrag erforderliche Angaben, müssen diese in anderen Unterlagen enthalten sein, auf die im Vertrag hinzuweisen ist.

Eine Rechnung kann auch aus mehreren Dokumenten bestehen. Allerdings muss dann in einem der Dokumente das Entgelt und der hierauf entfallende Umsatzsteuerbetrag zusammengefasst angegeben werden. Zudem sind in diesem Dokument alle anderen Dokumente zu bezeichnen, aus denen sich die übrigen Pflichtangaben ergeben.

Papiere, die ausschließlich den Zahlungsverkehr betreffen (z.B. Mahnungen oder Kontoauszüge) und Lieferscheine sind hingegen keine Rechnungen.

Rechnungen können in Papierform oder per Telefax erstellt sowie elektronisch übermittelt werden.

Begriff der umsatzsteuerlichen Gutschrift

Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG kann eine Rechnung auch durch den Leistungsempfänger ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart worden ist (Gutschrift). Bei dieser umsatzsteuerlichen Gutschrift handelt es sich also nicht um eine kaufmännische Gutschrift im Sinne einer Korrektur bzw. Stornorechnung aufgrund einer fehlerhaften Lieferung.

Mit dem Urteil vom 27. November 2019, V R 23/19 (V R 62/17), BStBl II 2021, S. 542, hat der BFH u. a. entschieden, dass eine Gutschrift, die nicht über eine Leistung eines Unternehmers ausgestellt ist, einer Rechnung nicht gleichsteht und keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG begründen kann (zweiter Leitsatz).

Umsatzsteuerliche Gutschriften, mit denen der Leistungsempfänger gegenüber dir als leistendem Unternehmer abrechnet, müssen ausdrücklich als „Gutschrift“ bezeichnet werden. Die Bezeichnung als „Rechnung“ oder „Abrechnung“ reicht nicht aus, um die Vorsteuer geltend machen zu können. Bei Vertragsbeziehungen mit EU-Ausländern kann auch der entsprechende ausländische Begriff verwendet werden.

Die Gutschrift ist nur wirksam, wenn die Abrechnung durch Gutschrift vorher vereinbart wird, sie dem leistenden Unternehmer übermittelt wird und dieser nicht widerspricht.

Hinweis: Ist das Verhältnis zum leistenden Unternehmer angespannt, ist die Abrechnung per Gutschrift riskant, weil ein Widerspruch des leistenden Unternehmers den Vorsteueranzug des Ausstellers der Gutschrift gefährdet.

Im Übrigen muss die Gutschrift die gleichen Pflichtangaben enthalten wie eine Rechnung des leistenden Unternehmers. Daher ist auch die Steuernummer bzw. Umsatzsteuer-Identifikationsnum­mer des leistenden Unternehmers anzugeben (Gutschriftempfänger), nicht die des Ausstellers der Gutschrift (Leistungsempfängers); hierzu muss der leistende Unternehmer seine Steuernummer bzw. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer dem Aussteller der Gutschrift – am besten sofort bei Vertragsabschluss – mitteilen. Die Rechnungsnummer wird aber durch den Gutschriftaussteller vergeben.

Elektronische Rechnung als alternative Form und Übermittlung einer Rechnung

Elektronische Rechnungen sind z.B. Rechnungen, die per E-Mail versendet werden, wobei die Rechnung entweder direkt in der E-Mail enthalten oder aber als Word- oder PDF-Datei angehängt sein kann. Zu den elektronischen Rechnungen zählen zudem solche, die als Web-Download heruntergeladen werden können bzw. per Computer-Fax, Faxserver, DE-Mail oder E-Post übersandt werden.

Eine elektronische Übermittlung der Rechnung bedarf der Zustimmung des Leistungsempfängers. Dazu genügt ein allgemeines Einvernehmen zwischen Leistungsempfänger und Rechnungsaussteller, dass die Rechnung elektronisch übermittelt wird. Dieses Einvernehmen kann etwa aufgrund einer Rahmenvereinbarung bzw. AGB oder aber auch nachträglich durch Bezahlung der Rechnung erteilt werden. Es genügt damit sogar eine stillschweigende Handhabung.

Hinweis: Inhaltlich müssen elektronische Rechnungen die gleichen Pflichtangaben enthalten wie Papierrechnungen. Es wird also nur die Form und Übermittlung der Rechnung vereinfacht, nicht aber ihr Inhalt.

Echtheit und Unversehrtheit der Rechnung ist wichtige formale Voraussetzung

Der Vorsteuerabzug setzt die Echtheit der Rechnungs­herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und ihre Lesbarkeit (ggf. nach Konvertierung) voraus. Hierzu musst du als Leistungsempfänger anhand eines innerbetrieblichen Kontrollverfahrens sicherstellen, dass du nur die Rechnungen bezahlst, zu deren Bezahlung du verpflichtet bist. Die Anforderungen an dieses Kontrollverfahren sind allerdings nicht hoch: Du kannst also ein gewöhnliches Rechnungsprüfungssystem verwenden; auch ein manueller Abgleich mit der Bestellung und ggf. dem Lieferschein genügt. Bei einer inhaltlich zutreffenden Rechnung unterstellt die Finanzverwaltung zugunsten des Unternehmers ein korrektes innerbetriebliches Kontrollverfahren.

Hinweis: Bei elektronischen Rechnungen kann der leistende Unternehmer die elektronische Rechnung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur, ggf. mit Anbieter-Akkreditierung nach dem Signaturgesetz, versehen oder die Rechnung im Wege des EDI-Verfahrens (Elektronischer Datenaustausch gemäß den europarechtlichen Vorgaben) übermitteln. In diesem Fall werden die Echtheit, Unversehrtheit und Lesbarkeit von Gesetzes wegen unterstellt.

Verpflichtung zur Erstellung der Rechnung

Erbringen du als Unternehmer Leistungen, bist du aufgrund des Vertragsverhältnisses zivilrechtlich verpflichtet, eine ordnungsgemäße Rechnung auszustellen. Andernfalls kann der Leistungsempfänger seinen Anspruch auf Erteilung einer Rechnung vor dem Zivilgericht durchsetzen. Zwar besteht auch aufgrund des Umsatzsteuergesetzes in der Regel eine Verpflichtung des leistenden Unternehmers zur Rechnungserteilung. Diese umsatzsteuerliche Verpflichtung ist für den Leistungsempfänger allerdings nicht einklagbar, sondern betrifft nur das Verhältnis zwischen dem leistenden Unternehmer und dem Finanzamt.

Weitere Beiträge zu „Rechnung & Vorsteuer“

Welche Bedeutung die Rechnung für den Vorsteuerabzug hat ist der erste Teil aus der Reihe „Rechnung & Vorsteuerabzug“. Im nächsten Beitrag erläutern wir die Pflichtangaben einer Rechnung. Außerdem befassen wir uns im dritten Teil mit wichtigen Besonderheiten bei der Ausstellung von Rechnungen.