Reform der Grundsteuer: Musterverfahren – Machen Einsprüche gegen Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes Sinn?

Musterverfahren – Machen Einsprüche gegen Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes Sinn?

Sollen Eigentümer von Grundbesitz dem Aufruf der Verbände-Allianz um den Bund der Steuerzahler Folge leisten und vorsorglich gegen die Bescheide zur Feststellung der neuen Grundsteuerwerte Einspruch erheben? Was verbirgt sich hinter der Forderung nach Vorläufigkeit? Welche Erfolgsaussichten haben die Musterverfahren? Kurz: Wann machen Einsprüche gegen Bescheide zur Feststellung der Grundsteuerwerte überhaupt Sinn?

Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes sollten vorläufig erlassen werden.

Bescheide zur Feststellung des Grundsteuerwertes sollten vorläufig erlassen werden. Dies fordert eine Verbände-Allianz aus dem Bund der Steuerzahler (BdSt), der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), dem Deutschen Steuerberaterverband (DStV) und Haus & Grund Deutschland. Hierfür müssten betroffene Eigentümer Einsprüche gegen die Grundsteuerbescheide bei Ihren Finanzämtern einlegen.

Musterverfahren geplant

Daher plant der Bund der Steuerzahler zusammen mit betroffenen Eigentümern und der Verbände-Allianz Musterverfahren gegen die Bewertung im Rahmen der Feststellungserklärungen zur Ermittlung des Grundsteuerwertes mit einer Musterklage zu unterstützen.

Ruhen des Verfahrens gewünscht

In Baden-Württemberg sind bereits die ersten Verfahren beim Finanzgericht anhängig. Und auch in den anderen Bundesländern werden aktuell etliche Einsprüche in den Finanzämtern zur Bearbeitung anstehen. Erst, wenn das Finanzamt eine Einspruchsentscheidung erlassen und dem Einspruchsführer – in der Regel dem Eigentümer – rechtswirksam bekannt gegeben hat, steht diesem innerhalb der Einspruchsfrist die Möglichkeit der Klage vor dem Finanzgericht offen.

Andere Eigentümer könnten sich diesen Verfahren nicht anschließen und mit Verweis auf diese bereits anhängigen Finanzgerichtsverfahren Ruhe des Verfahrens verlangen. Denn die Finanzverwaltung kann erst dann das Ruhen des Verfahrens in vergleichbaren Einspruchsverfahren gewähren, wenn ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof oder dem Bundesverfassungsgericht anhängig ist.

Verbände-Allianz prüft Rechtswege und fordert Einlenken der Finanzminister

In einer Pressemitteilung vom 30.01.2023 führt der Bund der Steuerzahler hierzu aus, dass bereits etliche Einsprüche bei den Finanzbehörden anhängig seien, die sich – aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken – erneut gegen die Berechnungsmethoden der neuen Grundsteuer richten.

Ziel der Verbände-Allianz sei es nun, die von ihr angeregte Einspruchswelle zu verhindern und allen Eigentümern Sicherheit zu verschaffen sowie die Finanzverwaltung und Steuerberater zu entlasten.

Hierzu müsste entweder der Zug durch alle Instanzen schnell gelingen, denn sobald ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof oder dem Bundesverfassungsgericht anhängig wäre, könnte die Finanzverwaltung in vergleichbaren Einspruchsfällen das Ruhen des Verfahrens gewähren. Bis zum Vorliegen einer BFH- oder BVerfG-Entscheidung würde der mit Einspruch angegriffene Bescheid im fraglichen Punkt veränderlich bleiben, sollte eines der beiden Gerichte in dieser Frage zugunsten der Eigentümer urteilen.

Alternativ könnten die Finanzminister aller Länder gemeinsam entscheiden, die Finanzämter bereits jetzt anzuweisen, in vergleichbaren Fällen alle Bescheide vorläufig auszustellen, und damit in der Tat eine Einspruchswelle vermeiden helfen.

Sind aber Rechtsmittel gegen die neuen Grundsteuerwertbescheide überhaupt ratsam?

Wer sich neutral informieren und sachkundig machen möchte, dem sei der Artikel von Werner Becker, aktualisiert am 09.02.2023, empfohlen, der sich mit der Frage befasst, ob Rechtsmittel gegen die neuen Grundsteuerwertbescheide tatsächlich ratsam sind.

Er erläutert nicht nur den Weg von der Feststellungserklärung bis zum Grundsteuerbescheid, sondern auch das Zusammenspiel zwischen Grundlagen- und Folgebescheid und die Frage, gegen welchen Bescheid ein Eigentümer rechtswirksam Einspruch einlegen müsste.

Der Autor geht auf die Sinnhaftigkeit „vorsorglicherEinsprüche ein, benennt etwaige Alternativen und erläutert die angeführten Gründe für eine mögliche Verfassungswidrigkeit der neuen Grundsteuerwerte.

Der Artikel schließt mit einer Formulierungshilfe gegen einen Grundsteuerwertbescheid im Bundesmodell und gibt wichtige Anmerkungen zu den beim FG Baden-Württemberg bereits anhängigen Klagen.

Fazit

Ich folge der Einschätzung von Werner Becker und empfehle in jedem Fall zunächst einmal den eigenen Bescheid zu prüfen.

Wenn alle erklärten Werte im Bescheid richtig wiedergegeben sind, besteht zunächst einmal kein Zweifel daran, dass der Bescheid nach geltendem Recht nicht zu beanstanden ist.

Sind die Werte nicht richtig wiedergegeben oder gibt es aufgrund anderer Erkenntnisse einen individuellen Änderungsbedarf, sollte unbedingt ein entsprechend individuell begründeter Einspruch eingelegt werden.

Darüber hinaus sollte dann jeder selbst entscheiden, welche Erfolgsaussichten er den Musterverfahren einräumt und ob er bereit ist, die Kosten für ein eigenes Klageverfahren zu tragen, oder ob er sich einer Musterklage der Verbände-Allianz anschließen möchte.